1934 – Großvater

Im Jahr 1931 wurde mein Sohn Werner ab 1.Juli Stellungslos. Hatte also nur noch die Tochter Hildegard Verdienst. Werner erhielt am 1.Juli 33 wieder seine Stellung in seiner alten Firma. So würgte man sich eben durch. So kam das Jahr 1934 heran welches in meine Familie zwei Ereignisse brachte.

Das erste war weniger erfreulicher Art. Meine Tochter Hildegard hatte ein Verhältnis. War ja auch bald 23 Jahre alt. Wie es so im Leben ist, das Verhältnis blieb nicht ohne Folgen. Als mir meine Frau dieses im Juni 1933 offenbarte, mußte ich meine ganze Energie und Kraft aufbieten, um meine Nerven zu behalten. Ich habe es nie bis heute merken lassen, wie ich unter dieser Sache leide.

Am 9.Februar 1934 entband. meine Tochter in der Frauenklinik zu Leipzig. Es war ein Mädchen. Heute ist dieses Kind bereits 1 Jahr 7 Monate alt, und für sein Alter sehr vorgeschritten, besonders in der Sprache. Ein herziges Kindchen und wird von uns allen immer in den Vordergrund gestellt.

Es gibt wohl Verdruß mit dem Kindesvater, doch das Jugendamt Leipzig regelt alles. Jedenfalls lasse ich nichts durchgehen. Der Mann hat fast 7 Monate vor der Geburt der Brunlilde geheiratet, was seine Schamlosigkeit weiter beweist. Seine Frau, welche auch vor der Hochzeit von dem, zu erwartenden Kind wußte, ist natürlich jetzt äußerst niedergeschlagen, doch kümmert mich das wenig. Jedenfalls hat mich dieser ganze Fall so viel an Nerven gekostet, daß ich in gesundheitlicher Hinsicht um gut 10-15 Jahre älter als ich wirklich bin. Zur Zeit 50 Jahre alt. Meiner Frau gegenüber lasse ich es mir nicht merken. Aber einmal kommt der Tag des Zusammenbruches doch.

Das zweite Ereignis im Jahr 1934 war die Silberhochzeit am 29.Juni. An diesem Tag wurde ich auch 49 Jahre alt. Infolge des vorher kurz angegebenen Falles wollte ich von einer, auch noch so kleinen Feier, absehen und sollte dieser Tag wie ein jeder andere vorüber gehen.
Auch sprach die geldliche Seite sehr mit, denn durch den Umsturz durch die N.S.D.A.P. (Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei) habe ich geschäftlich einen Schlag erlitten. Doch davon später noch.

Also ich hatte kein Geld Silberhochzeit zu feiern. Doch ließen die Kinder, besonders der älteste Sohn keine Ruhe und bezahlte den ganzen Aufwand. Es wurde auch alles nur im kleinsten Rahmen gemacht. So angenehm der Tag war, rechte Freude habe ich nie an den Tag gelegt. Ich hatte zu kämpfen, eine gute Miene zu ziehen.

Familie Zimmer zur Silberhochzeit 1934

Hier soll es gesagt sein. Am liebsten hätte ich heulen mögen. Der ergreifendste Augenblick war für mich und meine Frau der Morgen, als die 3 Kinder und meine Schwägerin Anna, Schwester meiner Frau, mit Blumen gratulierten. Später noch eine kl. Freude durch den Vogtländerverein, dessen Führer ich bin, welcher durch die Landsleute Schmidt, Seidel einen Korb mit Lebensmitteln überreichen lies. Sonst hat mich der ganze Tag, bzw. Abend kühl gelassen.

Silberhochzeit 26.6.1934

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