Doch auch ein anderes Ungemach kam über unsere Familie. Als Kind habe ich es nur nicht so verstanden und empfunden.
In dem Schlacht- und Viehhof, in welchem mein Vater früher angestellt war, wurden geschlachtete Schweine gestohlen. Da man den Dieb nicht fand, fiel der Verdacht auf meinen Vater. Er wurde deshalb in Untersuchungshaft gebracht. Wie lange, weiß ich nicht mehr. Jedenfalls waren es viele, viele Wochen.
Daß dadurch das Geschäft zugrunde ging, ist klar. Ich hatte dadurch auch zu leiden, denn die Kinder sollten mit dem Sohn eines Diebes ja nicht spielen usw. deshalb habe ich auch einem Jungen mal ein tüchtiges Loch in den Kopf geschlagen, weil er mir nachrief: „Dein Vater ist ein Mausehaken.“ Seine Eltern konnten nichts dagegen machen da nicht erwiesen war, daß mein Vater den Diebstahl begangen hatte.
Aus diesem Grunde wurde mein Vater auch am 2.September 1895, gerade zur 25jährigen Sedanfeier (Krieg 1870/71 mit Frankreich) aus der Untersuchungshaft entlassen. Meine Mutter holte mich deshalb, da mein Vater wieder daheim war, mitten aus dem Festzug heraus nach Hause. Erst viele Jahre später wurde durch Zufall – Streit zwischen Eheleuten – der Dieb festgestellt. Eine schwere Zeit war vorüber, eine noch schwerere vor uns, denn, was tun, wenn alles dahin war? Geschäft, Vertrauen, Geld usw.
Wir zogen einige Häuser weiter in das Grundstück des Hutmachers Wolf am Marktplatz. Jedenfalls waren es sehr verständige Leute. Mutter und ich knüpften für eine Firma an große Bettdecken Fransen. Meine Jugend beginnt nun härter zu werden.